Nach den Ergebnissen einer vom Hightech-Verband BITKOM im Herbst dieses Jahres veröffentlichten Studie sind die Chancen für IT-Spezialisten nach wie vor sehr gut. Ein Drittel der 1.500 befragten ITK-Unternehmen hat eine oder mehrere offene Stellen zu bieten. Die mit Abstand meisten Jobs stellen die Anbieter von Software und IT-Diensten. Dieser Markt wächst im laufenden Jahr um rund 6 Prozent. „IT-Projekte bestehen heute in erster Linie aus Beratungsleistungen, individuellen Programmierungen und Schulungen“, so BITKOM-Präsident Professor August-Wilhelm Scheer. „Dafür ist viel Manpower notwendig.“ Seit dem Jahr 2000 haben Software-Häuser und IT-Dienstleister rund 100.000 neue Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen. Mit 518.000 Jobs stellen sie heute den Großteil der insgesamt 829.000 Arbeitsplätze in der ITK-Branche. Entsprechend stark gefragt sind Software-Entwickler, die von zwei Drittel der ITK-Unternehmen mit freien IT-Stellen gesucht werden. Markus Wutzler, Schüler der 11. Klasse des Julius-Ambrosius-Hülße-Gymnasium in Dresden und diesjähriger Gewinner des Wettbewerbs “Hervorragende Jahresarbeit im Bereich Informatik“ am Schülerrechenzentrum Dresden (SRZ) will eines Tages einer dieser freien Stellen besetzen: „Nach meinem Abitur nächstes Jahr habe ich vor zu studieren, allerdings habe ich die endgültige Wahl noch nicht getroffen. Eigentlich würde ich gern Wirtschaftsinformatik studieren. Das Problem dabei ist, dass dieser Studiengang aus 80 Prozent Wirtschaft und nur 20 Prozent Informatik besteht. So bin ich noch auf der Suche, wie ich am besten meine Interessen an Informatik und Wirtschaft vereinen kann.“ Wutzler hat also schon ganz bestimmte Vorstellungen von Studium und Ausbildung und weiß, was auf ihn zukommt – nicht zuletzt seiner Informatikausbildung am SRZ: „Das Besondere am SRZ ist für mich der professionelle Unterricht im Fach Informatik und die dennoch lockere Unterrichtsart. Der Theorieunterricht ist immer sehr professionell und wesentlich anspruchsvoller als in der Schule. Im SRZ haben wir mit den Grundlagen angefangen. So haben wir die Fachbegriffe gelernt und damit im Studium gute Voraussetzungen.“
Das Schülerrechenzentrum (SRZ) Dresden ist eine Einrichtung der Technischen Universität Dresden und wird von der Landeshauptstadt Dresden und dem Freistaat Sachsen unterstützt. Das SRZ versteht sich als Zentrum der Begabtenförderung von Schülern in den Bereichen Informatik und Elektronik. Aufbauend auf einer mehr als zwanzigjährigen Tradition dient es der außerschulischen Bildung in den genannten Gebieten aus der Sicht der jeweiligen Fachwissenschaften. So engagieren sich auch zahlreiche IT-Unternehmen im Arbeitskreis Software im Netzwerkverbund Silicon Saxony für die diese TU-Fördereinrichtung und IT-Talentschmiede, um auch den persönlichen Kontakt zwischen den Unternehmen und dem IT-Nachwuchs als potentielle Mitarbeiter frühzeitig zu initiieren. Professor Dr. Steffen Friedrich, Direktor des SRZ und verantwortlich für die Lehrerbildung an der Fakultät Informatik der TU Dresden, zur Bedeutung des SRZ für Studium und Beruf: „Das SRZ trägt als TU-Fördereinrichtung dazu bei, Wissen zu vertiefen und zu erweitern, einschlägige, wissenschaftliche Arbeitsmethoden zu erlernen und zu festigen und damit die Voraussetzungen für Studium oder Berufstätigkeit in diesen Gebieten deutlich zu verbessern. Es ist die einzige Einrichtung dieser Art in Deutschland, die Begabtenförderung in der Informatik und Elektronik als Gemeinschaftsaktivität von Universität, Kultusministerium, Kommune und Wirtschaft betreibt.“ Zur Zeit betreut die Dresdner Communardo Software GmbH sieben Schüler am SRZ, die in zwei Teams ihre Jahresarbeiten anfertigen: Ein Team wird eine neue Webseite für das SRZ mit einem Content Management System (Inhaltsverwaltungssystem) erstellen, das andere sitzt an der Entwicklung eines Browser-Spiels für eine Wirtschaftssimulation. So scheint das SRZ also eine Lücke in der so wichtigen, voruniversitären Informatikgrundausbildung zu schließen, die für Dirk Röhrborn, Geschäftsführer von Communardo und Sprecher der Arbeitsgruppe Personalgewinnung und -entwicklung im Arbeitskreis Software von Silicon Saxony, auf keinen Fall noch größer werden darf: „Als IT-Dienstleister im Silicon Saxony geht uns insbesondere darum, auf die schwierige Situation im Fachkräftenachwuchs unserer Branche hinzuweisen, da heute an sächsischen Gymnasien weniger Schülerrinnen und Schüler auf geeignete Weise an die Informatik herangeführt und sich in der Folge nicht oder mit falschen Vorstellungen und ungünstigen Vorstellungen für ein Informatikstudium entscheiden werden. Sächsische Universitäten und Hochschulen würden schon jetzt ein sinkendes Einstiegsniveau der Abiturienten und aus diesem Kreis zudem eine hohe Abbrecherquote verzeichnen, so Röhrborn weiter. BITKOM-Präsident Scheer sieht auch bundesweit Handlungsbedarf: „Das Bildungssystem in Deutschland ist nach wie vor nicht in der Lage, den Nachwuchsbedarf der Wirtschaft zu decken. Deshalb müssen die Reform des Bildungssystems und moderne Zuwanderungsregelungen auf der Tagesordnung der Politik bleiben.“ Dr. Steffen Friedrich bringt die ganz konkreten Herausforderungen der schulischen, inhaltlichen Ausbildung in den betreffenden Fächern auf den Punkt: „Mit relativer Sicherheit ist zu sagen, dass in einer digitalen Welt Basiskompetenzen zu Informatik und Technik benötigt werden, die bisherige Fachstrukturen und Ausbildungsgänge zu wenig abdecken. Die Folge ist eine auf Unkenntnis beruhende mangelnde Begeisterung für die neuen Technologien. Es geht dabei eben nicht um die Bedienung heute vorhandener Anwendungen, sondern vor allem um das Kennenlernen der Grundlagen der Informationsverarbeitung und -übertragung. Es ist in diesem Zusammenhang doch völlig klar, dass die vor über 100 Jahren in den Schulen eingeführten, klassischen Naturwissenschaften dies gar nicht abdecken können.“
So hat beispielsweise der BITKOM in Anbetracht dieses Expertenmangels auf Bundesebene die Nachwuchsinitiative „erlebe it“ auf den Weg gebracht, dazu BITKOM-Präsident Scheer: „Wir wollen junge Menschen für technische Themen begeistern und deutlich machen, welche Chancen ein Beruf in der Hightech-Industrie bietet“, formulierte es Scheer. Ziel der Initiative ist es, Kooperationen zwischen Unternehmen und Schulen zu vermitteln. In diesem Rahmen sollen Vertreter der Firmen in den Schulen an der Berufsorientierung mitwirken, technologische Trends erläutern oder Projekttage mitgestalten. Dafür will der BITKOM bis zum Jahr 2010 rund 2.500 so genannte „IT-Scouts“ in ganz Deutschland gewinnen. Zusätzlich werden teilnehmende Unternehmen Praktikumsplätze zur Verfügung stellen oder Mentorenprogramme auflegen. Scheer: „Die gegenwärtige konjunkturelle Delle darf über eines nicht hinwegtäuschen: Der Mangel an Informatikern und Ingenieuren ist ein strukturelles Problem, das uns in den nächsten Jahrzehnten begleiten wird.“
Diese dramatische Einschätzung lässt einem dann auch eine so vorbildliche Einrichtung wie das SRZ wie ein Tropfen auf dem heißem Stein vorkommen, dem aber TU-Professor und SRZ-Chef Friedrich widerspricht: „Es ist nicht der ‚’Tropfen’, sondern ein wichtiges Angebot für die Spitzen. Immerhin besuchen Schüler über das SRZ seit mehren Jahren bereits Lehrveranstaltungen im 1. Semester des Informatikstudiums und haben diese mit einer erfolgreichen Prüfung, die ihnen später anerkannt wird, abgeschlossen. Das SRZ kann und will keine breite Allgemeinbildung leisten. Es soll besonders interessierte und auf diesen Gebieten aktive Schüler über eine Allgemeinbildung hinaus fördern, diese aber nicht ersetzen. Dass ein solches Anliegen tragfähig ist und Schüler anspricht zeigt, dass sich im SRZ meist an die 100 Teilnehmer pro Jahr einschreiben, aus Dresden und in diesem Jahr auch aus Schulen von Riesa bis Pirna. Die Besten sind dann 4 Jahre oder länger am SRZ, studieren in Dresden – Informatik oder ein ähnliches Gebiet – und sind dann natürlich als AG-Leiter für ihre ‚Nachfolger’ aktiv. Im Prinzip benötigen Schüler – und vielleicht auch Eltern – Grundlagen im Sinne einer informatischen Allgemeinbildung, um die positiven Lebensperspektiven dieser Entwicklungen für sich selbst bzw. für die eigenen Kinder zu erkennen.“ Markus Wutzler hat im SRZ mehr als nur Grundlagen erlernt, was er in seiner von Software Saxony honorierten Jahresarbeit eindruckvoll dokumentiert hat: Der Gymnasiast wurde für seine Arbeit „StudentORG 2.0“ ausgezeichnet – eine webbasierte Softwarelösung, mit der beispielsweise Hausaufgaben, Seminararbeiten, Stundenpläne und Zensuren in einem geschützten Internetbereich hinterlegt werden können. Auf Basis modernster Programmier-Techniken ist so sichergestellt, dass nichts mehr zuhause vergessen werden kann. Schüler und Studenten wird’s freuen.
Weitere Infos unter: www.srz.tu-dresden.de und www.software-saxony.de