Unternehmensnachfolge erfolgreich gestalten, oder: Chancen erkennen, Risiken minimieren!

Gastbeitrag von Thomas Holzer, Unternehmer-Berater, Coach und Wirtschaftsmediator, Freiburg im Breisgau

Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM), Bonn, geht auf Grundlage von neuen Berechnungen davon aus, dass die Nachfolgefrage im Zeitraum von 2010 bis 2014 für knapp 110.000 Familienunternehmen relevant sein wird. Das entspricht 3 Prozent aller Familienunternehmen. Familienunternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500.000 Euro haben mit 77 Prozent dabei den größten Anteil. Davon betroffen sind 1,4 Millionen Beschäftigte. Den häufigsten Übergabegrund stellt dabei mit einem Anteil von 86 Prozent das Erreichen des Ruhestandsalters dar, gefolgt durch Übergaben aufgrund von Tod (10 Prozent) und Krankheit des Eigentümers (4 Prozent).

An welche Nachfolger die Unternehmen übergeben werden, hängt von vielen Faktoren ab. Gibt es in der Unternehmerfamilie Kinder oder Enkel, so stellt sich als weiteres die Frage, ob diese hinreichend qualifiziert und zur Übernahme des Unternehmens bereit sind. Letzteres hängt davon ab, wie attraktiv das Unternehmen ist und welche Alternativen sich für die Nachfolgegeneration außerhalb des Unternehmens ergeben. Einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Entscheidung des potentiellen Nachfolgers hat dabei auch, wie dieser die Work-Life-Balance der Eltern-Generation erlebt hat. Angeheiratete Partner können in diesem Zusammenhang ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.

Der Wunsch, das Unternehmen – das Lebenswerk – in die Hände eines Familienmitglieds (Kinder, Enkel, Verwandte) zu übergeben und von diesen fortgeführt zu sehen, ist verständlich. Aber nicht in jedem Fall passen Wunsch und Fähigkeit zusammen. Das Beharren auf einen Familien-internen, aber ungeeigneten Kandidaten kann für das Unternehmen und für den Übergebenden katastrophale Folgen haben.

Steht kein Nachfolger innerhalb der Familie zur Verfügung, kann das Unternehmen an Externe übergeben werden. Dies kann in Form eines Verkaufs an ein anderes Unternehmen (z.B. Wettbewerber) oder an eine externe Führungskraft (management-by-in) oder auch an einen oder mehrere Mitarbeiter (management-by-out) erfolgen.

Die Übernahme eines Unternehmens stellt eine interessante Alternative zu einer Unternehmensgründung dar und birgt insgesamt niedrigere Risiken als die Gründung und Aufbau eines völlig neuen Unternehmens. Neugründungen basieren ausschließlich auf Planungen, während bei einer Übernahme eines Unternehmens Bilanzen, G+V, Mitarbeiter, Strukturen, Produkte, Kunden usw. vorliegen bzw. vorhanden sind. Zudem sind Neugründungen während der ersten 5 Jahre nachweislich mit hohem Insolvenzrisiko verbunden.

Wenn der Nachfolger allerdings nach der Prämisse ausgewählt wird, das Unternehmen unverändert weiterzuführen, ohne eigene Ideen einzubringen und dabei getroffene Entscheidungen der bisherigen Führung auch in Frage zu stellen bzw. zu revidieren, so geht dies auf kurze oder lange Sicht nicht gut.

Das Institut für Mittelstandforschung hat in Zusammenarbeit mit dem Verband der Vereine Creditreform die Unternehmensentwicklungen vor und nach dem Generationswechsel untersucht. Aus Sicht der Nachfolger haben 81,3 Prozent neue Produkte und Verfahren, 79 Prozent neue Technologien in Produktion und Verwaltung etabliert und 58 Prozent haben neue Märkte erschlossen. Eine weitere, wichtige Erkenntnis der Untersuchung ist, dass übergabewillige Eigentümer einen kürzeren Planungshorizont haben als nicht-übergabewillige. Dies kann im ersten Fall zum Unterlassen langfristiger Investitionen führen, was sich folglich auf die Nach-Übergabephase auswirkt, da diese Investitionen nachgeholt werden müssen.

In jedem Fall stellt ein Generationswechsel immer eine kritische Phase für ein Unternehmen dar und ist ein komplexer Prozess, in dem viele Aspekte zu beachten sind. Von den Beteiligten sind vielfältige Entscheidungen zu treffen, die sowohl auf Fakten wie auch auf Annahmen basieren.

Diese erstrecken sich von der bewussten Einleitung der Nachfolge, Ermittlung des Unternehmenswerts, Erstellung eines Verkaufsprospekts, Klärung vertraglicher Dinge, Suche des richtigen Nachfolgers, Verhandlungen, Gestaltung des Wissenstransfers bis schließlich zur Gestaltung der Übergangsphase.

Oft wird dabei der Fokus zu sehr nur auf die Hardfacts (Umsatz, Kosten, Gewinn usw.) Die emotionalen Aspekte haben aber ebenfalls erheblichen Einfluss und können das Projekt sogar zum Scheitern bringen. Für den abgebenden Unternehmer ist beispielsweise die Übergabe des Unternehmens der Abschluss eines wichtigen Lebensabschnitts und betrifft neben ihm persönlich auch sein ganzes familiäres Umfeld. Die Abgabe von Verantwortung, die erforderliche Neugestaltung der freien Zeit, eventuell auch die Auswirkungen auf den Imagefaktor in der Öffentlichkeit usw. gehen nicht spurlos vorüber. Zudem sind im privaten Bereich auch Verträge und Konzepte neu zu ordnen. Altersversorgung, erbrechtliche Themen, Eheverträge, Mietverträge, Gesellschafts- und Gesellschafter-Darlehen können davon betroffen sein. Im Gegensatz zu externen Nachfolgern, bleibt man in der Familie auch nach der Übergabe miteinander verbunden.

Eine Unternehmensübergabe, egal ob an Familienmitglieder oder an Externe, birgt immer auch Risiken in sich. Das verspätete Einleiten dieses Prozesses lässt aber das Risiko-Potenzial auf jeden Fall zusätzlich ansteigen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass im Rating der Banken die Nachfolgeregelung als qualitativer Faktor berücksichtigt wird und sich auf die Qualitätseinstufung des Risikomanagements positiv auswirkt.

Entscheidend für eine erfolgreiche Übergabe ist, dass der bisherige Unternehmer zu der Überzeugung kommt, dass der Zeitpunkt für eine Übergabe richtig gewählt ist. Dies wird er mit Personen seines Vertrauens (Ehepartner, Steuerberater, Rechtsanwalt usw.) besprechen. Zudem kann es Sinn machen, einen erfahrenen Berater als Coach hinzu zu ziehen, der ihn bei der Entscheidungsfindung aus einer neutralen Perspektive unterstützt und den Prozess der Nachfolge begleitet.

Eine Unternehmensübergabe ist als 3-Phasen-Projekt zu betrachten, wobei sich die einzelnen Phasen über 1 bis 3 Jahre erstrecken können.

  1. 1. Vorbereitungsphase
  • bewusste Einleitung der Nachfolge
  • Nachfolger-Kriterienkatalog entwerfen
  • Analyse der wirtschaftlichen Rahmendaten
  • Erstellung eines Verkaufsprospekts
  • Klärung vertraglicher Voraussetzungen

  1. 2. Umsetzungsphase
  • vertrauliche Gespräche mit
    • Familienmitgliedern und/oder
    • Management und/oder
    • externen Kandidaten
    • Geheimhaltungserklärung
    • Qualifizierungsbedarf für Nachfolger ermitteln
    • Wissenstransfer gestalten
    • Ermittlung Unternehmenswert (Due Diligence)
    • Finanzierungsnachweis
    • Verhandlungen
    • Vertragsabschluss

  1. 3. Übergangsphase
  • Geschäftsverteilungsplan (Kompetenzen) festlegen
  • interne und externe Kommunikation (Mitarbeiter, Geschäftspartner)
  • Einarbeitung des Nachfolgers
  • strategische und organisatorische Neuausrichtung
  • Abschluss der Übergabe

Sofern also die Nachfolgeregelung systematisch vorbereitet und durchgeführt wird, bieten sich bei allen Risiken vor allem Chancen für den Abgebenden, den Übernehmenden und nicht zuletzt auch für das Unternehmen und seine Mitarbeiter.

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