5. Nationaler IT-Gipfel in Dresden: Merkel: Keine Steuergeschenke für F&E-Projekte

Im Rahmen des vom Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) initiierten IT-Gipfels teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Forderung von Infineon-Boss Peter Bauer nach einer steuerlichen Förderung der kostenintensiven Forschung und Entwicklung eine klare Absage. Bauer appellierte in seinem Vortrag: „Deutschland will Leitmarkt im Bereich E-Mobility werden. Um das zu erreichen, muss die Politik gezielt mit Förderprogrammen alle daran beteiligten Wertschöpfungsketten unterstützen. F&E aus Deutschland muss in Europa wieder wettbewerbsfähig werden.“ Man brauche hier auch – wie in anderen EU-Ländern – eine aktive Industriepolitik im Mittelstand wie bei den Konzernen, um die Unternehmen und ihre Kompetenz in den Schlüsselbranchen und -segmenten hier im Land zu halten. Statt auf Steuergeschenke setzt die Bundesregierung vielmehr auf ‚politisch richtig gesetzte Anreize’, wie Rainer Brüderle (FDP), Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, in Gegenwart der 1.000 Vertreter aus IKT-Wirtschaft, Wissenschaft und Politik am Beispiel Breitband verdeutlichte: „Investitionen in den Ausbau moderner Internetnetze sollen attraktiver werden, um v.a. auch in ländlichen Gebieten flächendeckend Breitband anbieten zu können: wir wollen Breitband überall in Deutschland.“

Auch aus Reihen der Forschung kam der Ruf nach mehr Unterstützung, dazu Dr. Irene Bertschek vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung: „Deutschland ist ein führender IKT-Standort, besonders bei der Integration von IKT in führende Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau. Wenn wir auch in Zukunft diese Innovationspotenziale ausnutzen wollen, müssen wir u.a. in intelligente Netze investieren, freundliche Rahmenbedingungen schaffen, Top-Themen wie Cloud Computing frühzeitig besetzen und mehr Geld und Personal für die Bildung und Weiterbildung aufbringen.“ Die Formulierung ‚ein führender IKT-Standort’ führte wieder direkt zu Bundeskanzlerin, nach der man mit einem siebten Platz als IKT-Standort weltweit nicht zufrieden sein könne. In diesem Ranking werden die Spitzenpositionen (noch) von Südkorea, USA und Japan belegt. Nach BITKOM-Berechnungen müssen allein für den Aufbau intelligenter Infrastrukturen in den Bereichen Energie, Verkehr, Gesundheit, Bildung und öffentliche Verwaltung Investitionen in Höhe von mehr als 130 Milliarden Euro aktiviert werden. Dem stehen Einsparpotenziale von mehr als 60 Milliarden Euro pro Jahr gegenüber. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist der weitere Breitbandausbau. Telekom-Chef René Obermann ergänzt: „Mit flächendeckender Breitbandversorgung kommt unsere Wirtschaft vorwärts, oder anders formuliert: ohne Breitband geht heute fast nichts mehr in unserer Wirtschaft!“

Zur Bedeutung der IKT-Branche und ihre Effekte auf nahezu die komplette Industrielandschaft nahm auch Hans-Joachim Otto, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Stellung: „Fakt ist: Die Informations- und Kommunnikationstechnologien sind ein Wachstumsmotor und haben direkte, positive Auswirkungen auf die Innovationskraft in allen anderen Industrien. Fakt ist aber auch: Wir haben im IKT-Bereich derzeit einen Fachkräftemangel von 30.000, was wiederum einen direkten, negativen Einfluss auf die Produktivität im IKT-Markt hat!“ Otto sprach damit eine der Hauptinitiativen des diesjährigen IT-Gipfels an: eine Offensive für Bildung und Zuwanderung. Aus Sicht des BITKOM ist neben Angeboten zur Qualifizierung eine Reform des Zuwanderungsrechts notwendig, um den Fachkräftemangel zu lindern. Zu den notwendigen Änderungen gehören laut BITKOM die Abschaffung der Vorrangprüfung, die Absenkung der Einkommensgrenze für eine Niederlassungserlaubnis und mittelfristig die Einführung eines Punktesystems. BITKOM-Präsident Professor August-Wilhelm Scheer: „Wir hoffen, dass in das Thema Zuwanderung jetzt wieder politisch Bewegung kommt.“ Scheer weiter: „Der IKT-Standort Deutschland muss sich einerseits im internationalen Umfeld attraktiv machen für Ausbildung und Beruf von jungen Leuten hier bei uns im Land. Auf der anderen Seite wollen wir mit IKT auch international ein Erfolgsfaktor darstellen.“

Wie ein roter Faden durch die Veranstaltung zog sich auf dem Hintergrund der Wikileaks-Enthüllungen das Thema Netzsicherheit, Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle betonte denn auch, dass vor allem bei der Sicherheit der IT-Infrastruktur mehr getan werden müsse. „Ich werde im Wirtschaftsministerium eine Taskforce für IT-Sicherheit in der Wirtschaft einrichten.» Auch in anderen Ressorts werde sich die Bundesregierung verstärkt um diese Themen kümmern. „Manche sprechen ja schon von Cyberwar», so Brüderle wörtlich. Im Rahmen des IT-Gipfels forderte BKD-Chef (Bund Deutscher Kriminalbeamter) Klaus Jansen in der Osnabrücker Zeitung vom 8. Dezember 2010 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, die „Netzpolitik endlich zur Chefsache» zu machen, Jansen weiter: „Wir brauchen einen Internetminister im Kanzleramt, der die drängenden Probleme mit Nachdruck und aus einem Guss löst.“

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