Der Wettkampf um Immobilienfinanzierungen

Gastbeitrag von Rainer Trendelenburg, Geschäftsführer wiko Bausoftware GmbH

Gibt es noch Geld für die Finanzierung von Immobilien? Auf der Expo Real dieses Jahres in München war das beherrschende Thema in der Branche, ob die Banken für Realisierung von Bauprojekten überhaupt noch Kredite bereitstellen können. Als Folgen der Finanzkrise und der Staatsüberschuldungen in Europa und der USA, drohender Staatsbankrotte und der damit verbundenen Abschreibungen von Staatsanleihen gerät die Kreditwirtschaft immer tiefer in die Defensive. Das Eigenkapital muss gestärkt und Vorsorge zur Vermeidung der eigenen Insolvenz getroffen werden. Betroffen sind fast alle überregional bekannten Großbanken in Europa.

Gespräche mit deutschen Banken auf der Expo Real ergaben, dass im Moment äußerste Zurückhaltung bei der Finanzierung von größeren Bauvorhaben gegeben ist. Einige Immobilieninvestoren vermeldeten, dass sie ihre nächsten Projekte bis zu 100 Prozent aus Eigenkapital finanzieren müssen, in der Hoffnung auf eine schnelle Verwertung und ausreichende Rendite. Es droht der Todesstoß für den gewerblichen Immobilienmarkt!

„Vertrauen“ war das Schlüsselwort in vielen Gesprächsrunden. Basel II und Basel III sind der formale Rahmen für die Einschätzung der Kreditwürdigkeit, doch die persönliche Erfahrung mit Investoren entscheidet wieder mehr. Wurden bisher die vereinbarten Budgetrahmen und Termine eingehalten, waren Nachfinanzierungen notwendig und wurden die versprochenen Renditen erreicht. Diese Themen rücken in den Mittelgrund der Risikobewertung. Transparenz und Risikovorkehrung sind von den Investoren, Bauträgern und der Immobilienwirtschaft gefragt. Plötzlich werden Themen wichtig, die angesichts der historischen Erfahrungen und stetig steigenden Immobilienpreise bisher links liegen gelassen wurden.

So war auf der Expo Real auch der Andrang bei Controlling Spezialisten wie der Freiburger wiko Bausoftware GmbH groß. Aus der Not heraus ist vor allem die Nachfrage nach deren Softwarelösung für Investitions- und Baukostencontrolling sprunghaft gestiegen. Es reichen nicht mehr die klassischen vier Stufen der Kostenplanung, welche der Architekt mehr oder weniger mühsam erbringt. Die Mittelplanung, sprich die Entwicklung der Urspungsbudgets und nachträglichen Änderungen  muss nachvollziehbar und stets aktuell sein. Dem gegenübergestellt muss deutlich werden, wie die Mittel in Obligos, Verträgen und laufenden Ausgaben gebunden, geflossen und zu erwarten sind. Im Mittelpunkt stehen hier die Baubuchhaltung und das Vertragsmanagement. Kostenberichte müssen zu jedem Zeitpunkt transparent und mit Blick auf die Kostenprognose verfügbar sein.

Kostennachweise nach unterschiedlichen Kriterien wie Wohneinheiten, Grund-. Und Mieterausbau, Finanzierungsquellen und anderen Kriterien müssen durch mitlaufende Kontierungen den Stand und die Prognose der Baukosten auch aus diesen Blickwinkeln ermöglichen. Selbst bisherige „Randbereiche“ wie die Verfolgung von Einbehalten und Bürgschaften  gewinnt Bedeutung, die bisher vernachlässigten 2 bis 3 Prozent Garantieverluste entscheiden heute über die Rendite. Aufgaben, die heute auch trotz aller teuren Customizing Bemühungen in den großen ERP-Systemen nur ungenügend umgesetzt werden konnten und nun häufig auch ergänzend zu diesen Systemen mit wiko gelöst werden. Aber auch das strategische Immobilien Portfolio Management ist ein großes Thema geworden. Welche Nutzungs- und  Verwertungsszenarien führen zu welchen Investitionen, welchen Erlösen und welchen Kosten und Erträgen über einen längeren Planungszeitraum.

Welches Fachpublikum war mit diesem plötzlich erwachten Interesse an praxisbezogenen Controlling Lösungen auf der Expo Real vertreten? Sowohl private und gewerbliche Investoren, Bauherrenvertreter, Projektsteuerer, Planer als auch Vertreter aus Bauverwaltungen, öffentlicher Liegenschafts- und Gebäudemanager wie aus Industrie und Handel. Völlig neu war, dass eine erste große internationale Geschäftsbank mit dem Anliegen vor Ort war, sowohl das interne Controlling von Baumaßnahmen wie auch die Freigabe von Kreditmittel an Kreditnehmer  mit modernen Controlling Methoden steuern zu wollen.

Investitions- und Baukostencontrolling wird nichts an der gegenwärtigen Krise der  Immobilienfinanzierung lösen können. Vorausschau, Vertrauen und Transparenz werden aber im individuellen Fall über eine Kreditwürdigkeit entscheiden. Auch die großen Unternehmensberatungen rüsten sich, um hier ihren Kunden eine Ausweg aus der misslichen Lage anbieten zu können. Die betreffenden Unternehmen sollten sich jetzt kümmern, um im Wettbewerb um die Finanzierung den entscheidenden Vorsprung im Vertrauen der Kapitalgeber zu haben, der für Ihr individuelles Projekt die Finanzierung sichert.