Behörden im Visier von Cyberkriminellen

  • Fast die Hälfte von Spionage, Datendiebstahl oder Sabotage betroffen
  • IT-Sicherheit reicht in den meisten öffentlichen Einrichtungen nicht aus
  • Schulungen der Mitarbeiter werden häufig vernachlässigt

Berlin, 15. Juli 2015. Fast die Hälfte (49 Prozent) der Behörden in Deutschland verzeichneten in den vergangenen zwei Jahren Fälle von digitaler Spionage, Sabotage oder Datendiebstahl. Das hat eine nicht repräsentative Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 70 Sicherheitsverantwortlichen von Behörden mit zehn oder mehr Mitarbeitern ergeben. Häufigstes Delikt ist mit einem Anteil von 26 Prozent Social Engineering. Dabei geht es darum, Mitarbeiter zu manipulieren, um an bestimmte Informationen zu gelangen. Bei 23 Prozent der Behörden sind IT-Geräte wie Computer oder Smartphones mit sensiblen Daten gestohlen worden und bei 21 Prozent sind die IT-Systeme sabotiert worden. Ein Fünftel (20 Prozent) der Befragten berichtet, dass sensible Dokumente entwendet wurden und bei jeder zehnten Behörde (10 Prozent) sind E-Mails ausgespäht oder Gespräche abgehört worden. „Behörden sind ein attraktives Angriffsziel für Cyberkriminelle und Geheimdienste“, sagt Susanne Dehmel, Bitkom-Geschäftsleiterin Vertrauen und Sicherheit. „Neben politischen Informationen sind die Angreifer auch an wirtschaftlich verwertbaren Hinweisen interessiert.“ Das können zum Beispiel Angaben zu Genehmigungs- oder Vergabeverfahren sein.

Die Digitalisierung und Vernetzung der gesamten Wirtschaft schafft neue Angriffspunkte für Cyberkriminelle. Diese haben es auf das Know-how der Unternehmen, Kundendaten oder andere sensible Informationen abgesehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei den Tätern um organisierte Banden, Geheimdienste oder Hobby-Hacker handelt: Die Unternehmen müssen mehr in die eigene Sicherheit investieren. Foto: abus

Für den Schutz ihrer Informationen setzen alle befragten Behörden technische Maßnahmen der IT-Sicherheit ein. Fast alle Einrichtungen (94 Prozent) haben Maßnahmen der organisatorischen IT-Sicherheit ergriffen, zum Beispiel Verhaltensrichtlinien oder Notfallpläne ausgearbeitet. In vier von fünf (80 Prozent) Behörden gibt es physische Sicherheitsmaßnahmen, zum Beispiel um Gebäude und Einrichtungen zu schützen. Dagegen ergreifen nicht mal ein Drittel (30 Prozent) Maßnahmen der personellen Sicherheit, zu denen unter anderem Schulungen der Mitarbeiter oder Sicherheitsüberprüfungen von Bewerbern gehören. „Die personelle Sicherheit wird häufig vernachlässigt. Dabei sind die eigenen Mitarbeiter die wichtigsten Garanten für den Schutz der Behörden“, betont Dehmel. „Die meisten Sicherheitsvorfälle werden, bewusst oder aus Unachtsamkeit, von aktuellen oder ehemaligen Beschäftigten verursacht.“

Wie in der Privatwirtschaft verfügen öffentliche Einrichtungen über einen guten Basisschutz bei der technischen Sicherung ihrer IT-Systeme. Laut Umfrage verfügen alle befragten Behörden über Virenscanner, Firewalls und einen Passwortschutz für die verwendeten Geräte. Immerhin 84 Prozent der öffentlichen Einrichtungen verschlüsseln ihre Netzwerkverbindungen und 59 Prozent verschlüsseln Daten auf Festplatten oder anderen Datenträgern. Dagegen setzen nur 26 Prozent auf eine Verschlüsselung ihres E-Mail-Verkehrs. „Wie in der Privatwirtschaft setzen Behörden noch zu selten umfassende IT-Sicherheitsmaßnahmen ein. Der Basisschutz mit Virenscannern und Firewalls reicht nicht mehr aus“, sagte Dehmel. So nutzen nur 37 Prozent spezielle Angriffserkennungssysteme für Attacken von außen (Intrusion Detection) und 27 Prozent verfügen über eine Absicherung gegen Datenabfluss von innen (Data Leakage Prevention). Diese Systeme analysieren die Datenströme in einer Organisation und melden verdächtige Aktivitäten. Nur jede zehnte Behörde (11 Prozent) setzt erweiterte Verfahren zur Benutzeridentifikation ein, zum Beispiel eine Zwei-Faktor-Authentifizierung oder biometrische Merkmale.

Gut ein Drittel (36 Prozent) überprüft die eigenen Sicherheitskonzepte mit Hilfe so genannter Penetrationstests, bei der Angriffe simuliert werden. Immerhin 43 Prozent der befragten Sicherheitsexperten halten die Maßnahmen ihrer Behörde für die frühzeitige Erkennung von Datendiebstahl, Spionage oder Sabotage für nicht ausreichend.

Der Studienbericht „Spionage, Sabotage und Datendiebstahl – Wirtschaftsschutz im digitalen Zeitalter“ mit den Ergebnissen für die Privatwirtschaft steht kostenlos zur Verfügung unter https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Spionage-Sabotage-und-Datendiebstahl-%E2%80%93Wirtschaftsschutz-im-digitalen-Zeitalter.html

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 70 Behörden ab 10 Mitarbeitern befragt. Die Interviews wurden mit Führungskräften aus den Bereichen Unternehmenssicherheit, IT-Sicherheit oder Risikomanagement geführt. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, da es keine offiziellen Angaben zur Zahl der Behörden und deren jeweiligen Mitarbeiterzahlen in Deutschland gibt.