Konrad Zuse und die Zuse KG stehen mit Heinz Nixdorf und dem ‚Labor für Impulstechnik’ (LFI), Essen, für die ersten Unternehmer der noch jungen Computerbranche im Nachkriegsdeutschland. Zuse konnte bereits im Jahr der Gründung der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik mit Einnahmen aus der Vermietung der auf Relaistechnik basierten Zuse4 an die ETH in Zürich einen Betrieb in Neukirchen aufbauen. Rechenzusatzgeräte und die Herstellung der Z5 standen vor der Auflage des ersten, in Serie gebauten Zuse-Rechners, dem Z11. Die Entwicklung der IT im Nachkriegsdeutschland (besten dokumentiert im Heinz Nixdorf MuseumsForum) war also in erster Linie die von Rechnern bzw. Computern und wurde maßgeblich von der IBM (International Business Machines Corporation) geschrieben und getrieben.
Die Geschichte der IBM in Deutschland beginnt mit der Gründung der DEHOMAG (Deutsche Hollerith-Maschinen Gesellschaft mbH) in Berlin am 30. November 1910. Damals schickte der Amerikaner Herman Hollerith, Erfinder der Lochkartenmaschine und Gründer der „Tabulating Machine Company“, den Ingenieur Robert Williams nach Deutschland, um eine Gesellschaft zum Erwerb seiner Patente und Vertrieb seiner Maschinen zu gründen. 1949 wurde die DEHOMAG in IBM Deutschland GmbH umbenannt und verlegte den Firmensitz von Berlin nach Böblingen. Die lange Periode der numerischen und alphabetischen elektromechanischen Datenverarbeitung mit Lochkarten, die von 1900 bis in die 1960er Jahre reichte, kann heute noch im „Haus zur Geschichte der IBM-Datenverarbeitung“ (Sindelfingen) an vielen IBM-Maschinen nachvollzogen werden. Rechenmaschinen aus dieser Pionierzeit sind beispielsweise die Tabelliermaschinen DEHOMAG D11 und IBM 421. Für die nächste Entwicklungsstufe der speicherprogrammierten elektronischen Datenverarbeitung der fünfziger Jahre steht exemplarisch der Magnettrommelrechner IBM 650 und das als „Vater aller Magnetplattenspeicher“ bekannte System IBM 355. Bei vier anschließbaren Geräten brachte es die 650 – mit der IBM faktisch den Grundstein für die Dominanz auf dem Computermarkt für die nächsten drei Jahrzehnte legte – damit bereits 1957 auf eine externe Speicherkapazität von bis zu 24 Millionen Zeichen mit Direkt-Zugriff. Weitere IBM-Meilensteine sind das erste voll transistorisierte EDV-System IBM 1401 von 1959 und das IBM System /360 Modell 20 aus der Systemfamilie IBM/360 von 1964. Dieses bot erstmals mit gemeinsamer Architektur eine große Leistungsbandbreite. Das Zeitalter der Datenbank-Systeme markierte zu Beginn der siebziger Jahre die Systemfamilie IBM/370: Als erstes Unternehmen in Europa überhaupt hat die Robert Bosch GmbH 1971 so einen IBM-Großrechner aus der Serie 370, Modell 165, u.a. für die Auftragsbearbeitung, Zentrallagersteuerung, Lohn- und Gehaltsabwicklung, Stücklisten, Inventur und Vetriebsstatistik in Betrieb genommen – und zwar auf Mietbasis[!].
Die Konkurrenz Mitte der 1950er Jahre auf dem deutschen Markt für IBM und UNIVAC kam aus Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden, die Röhrenrechner jeder Leistungsklasse anzubieten hatte. Im Jahre 1959 öffnete (wieder) in Böblingen denn auch die erste HP-Niederlassung außerhalb der USA, dem von William R. Hewlett und David Packard 1939 mit 538 US-Dollar Startkapital gegründeten Technologieunternehmen (Umsatz in 2008: 118 Milliarden US-Dollar). Elf Jahre später wurde auch die Fertigung des Tischrechners 9100 von Loveland nach Böblingen verlegt.
Kasten: UNIVAC I (UNIVersal Automatic Computer I)
Der UNIVAC I bestand aus 5.200 Röhren, 18.000 Kristall-Dioden und wog bis zu 13 Tonnen, benötigte eine elektrische Leistung von bis zu 125 Kilowatt und konnte 1905 Rechenoperationen pro Sekunde durchführen. Der Laufzeitspeicher aus Quecksilber umfasste 4,3 m x 2,4 m x 2,6 m. Die Zugriffszeit betrug 40 bis 404 µs. Das gesamte System benötigte eine Stellfläche von 35,5 Quadratmetern. Der erste UNIVAC I in Deutschland wurde am 19. Oktober 1956 von Carl Hammer, Direktor des Frankfurter Battelle-Instituts, offiziell in Betrieb genommen. Die Einweihung des ersten europäischen Rechenzentrums von Remington Rand gilt als Start der kommerziellen Datenverarbeitung und besonders der DV-Ausbildung in Deutschland. Die Anlage wurde im Schichtbetrieb von jeweils 12 bis 20 Personen bedient. Freie Rechenkapazitäten an der UNIVAC I wurden damals für 1.470 Mark pro Stunde vermietet.
Aus dem Kreis der deutschen Wissenschaftler kamen vielfältige Impulse und Ideen für die elektrotechnische und damit IT-Vorgänger-Industrie: So waren bei Siemens Mitarbeiter aus der PERM-Entwicklungsgruppe beratend tätig. Die SEL (heute: Alcatel • Lucent) engagierte junge Mitarbeiter aus dem Institut von Alwin Walther für ihren Rechner ER 56, und der deutsche Physiker Heinz Billing unterstützte Konrad Zuse beim Entwurf eines leistungsfähigen Trommelspeichers für den Z22-Rechner. In der DDR gelang es Nikolaus Joachim Lehmann, Professor für angewandte Mathematik an der TH Dresden und einem der Wegbereiter des PCs, Anfang der 60er Jahre seine Eigenentwicklung des Kleinrechners D4a (das D steht für Dresden) beim Büromaschinenwerk Cellatron in Zella-Mehlis in Serie gehen zu lassen.
Die ersten Computer wurden lange Zeit fast ausschließlich für wissenschaftliche Anwendungen verwendet. In den fünfziger Jahren kamen dann spezielle Computer für kaufmännische Anwendungen dazu das IBM-Modell 702. Mit der Verbreitung der EDV in den deutschen Unternehmen wuchs zunehmend auch der Bedarf nach Beratung. Schon 1958 gründete der Mathematiker Dr. Hans Konrad Schuff in Dortmund den „Mathematischen Beratungs- und Programmierdienst“ (mbp). Etwa zehn Jahre später begann die wissenschaftliche Ausbildung von Informatikern an deutschen Hochschulen. In dieser Zeit entstand auch der Vorgänger des Internet bzw. Word Wide Web: Das weltweite Computernetz reicht auf das 1969 entstandene ARPANET zurück, einem Projekt der Advanced Research Project Agency (ARPA) des US-Verteidigungsministeriums. Es wurde zur Vernetzung von Universitäten und Forschungseinrichtungen benutzt. Ziel des Projekts war zunächst, die knappen Rechenkapazitäten sinnvoll zu nutzen, erst in den USA, später weltweit. Die wichtigste Applikation in den Anfängen war die E-Mail – auch heute noch eine der meist genutzten Anwendungen.
Kasten: Computer erobern Wirtschaft, Arbeitswelt und Berufsausbildung
Der Erste Minicomputer war der 1964 von der Firma Digital Equipment Corporation (DEC) vorgestellte pdp-8. Als flexible und schnelle Prozessrechner wurden sie ab 1970 zur Planung, Steuerung und Automatisierung von Fertigungsprozessen in den Fabriken eingesetzt. Anfang der 1980er Jahre setzten sich zuerst von Computern gesteuerte Automaten und Roboter an den Fließbändern der Automobilhersteller durch. Von dort durchdrangen Computer die gesamte Industriewelt. Anfang der 1970er Jahre drang die dann Datentechnik mit zunehmender Dynamik in alle Bereiche von Wirtschaft, Industrie und Handel vor. Mit dem schnell steigenden Computereinsatz ging ein tief greifender technischer, organisatorischer und sozialer Wandel in der Arbeitswelt einher, der eine weitgehende Anpassung der bestehenden betrieblichen Arbeitsabläufe an die EDV bewirkte und einen rasch wachsenden Bedarf an neuen Arbeitsqualifikationen in der Büroarbeit und der industriellen Fertigung nach sich zog. Zunächst waren es wenige hochangesehene EDV-Spezialisten – wie Programmierer zum Schreiben der Anwendersoftware oder Operatoren zur Bedienung der Anlagen – die in zentralen Rechenzentren tätig waren. Historisch hat «die Informatik» in den 60er-Jahren mit zentralen Applikationen vor allem auf Großrechnern, so genannten «Hosts», begonnen. Entsprechend dem sehr hohen Preis und der geringen Leistung der Anlagen gegenüber heute, eigneten sie sich primär für das Massengeschäft. Ein zentraler Betrieb half mit, die Auslastung der Maschine möglichst rund um die Uhr zu gewährleisten. Es gab damals noch keine Standardanwendungen zu kaufen. Sie mussten selber entwickelt werden. Die Leitung von Informatikprojekten wurde meist durch Mitarbeiter der zentralen Informatikdienste übernommen, weil nur diese Personen über Informatik-Know-how verfügten. Mit der Entwicklung selbständiger Datenübertragungseinrichtungen war dann die Aufstellung peripherer Geräte nicht mehr an den Ort der Rechenzentren gebunden. Terminals am Arbeitsplatz des Sachbearbeiters ermöglichten den direkten Dialog mit dem Computer.