Die deutsche Solarbranche kommt nicht zur Ruhe. Jetzt also auch noch Phoenix Solar. Das Photovoltaik-Systemhaus mit Hauptsitz im bayerischen Sulzemoos fährt 2012 alleine im Deutschlandgeschäft voraussichtlich einen operativen Verlust von 32 Millionen Euro ein – und damit deutlich mehr als die prognostizierten 19 bis 25 Millionen Euro. Und Besserung ist nicht in Sicht, wie beispielsweise die bereits wieder korrigierte Umsatzprognose für 2013 belegt: Gegenüber den prognostizierten 310 Millionen Euro Umsatz wird jetzt von einem deutlich reduzierten Umsatzvolumen von 160 bis 190 Millionen Euro ausgegangen. Grund genug für das börsennotierte Unternehmen sich vom Verlust- und Problemmarkt Deutschland abzuwenden und künftig einen Schwerpunkt des operativen Geschäfts auf die wachstumsstarken Regionen in Asien und in den USA zu legen – allerdings ohne seinen Vorstandsvorsitzenden Dr. Andreas Hänel. Der Gründungsvorstand der Phoenix Solar AG hat sein Mandat vorzeitig mit Wirkung zum 28. Februar 2013 niedergelegt. Zum neuen Vorstandsvorsitzenden per 1. März 2013 wurde Finanzvorstand Dr. Bernd Köhler ernannt.
„Selbstverständlich führt ein Preisverfall bei gleichem Absatz zu geringeren Umsätzen und geringeren Deckungsbeiträgen“, kommentiert der künftige Vorstandvorsitzende Köhler die Hintergründe der Misere, Köhler weiter: „Gleichwohl bedeutet ein niedrigerer Materialeinstandspreis für einen Kraftwerksbauer und Generalunternehmer wie uns nicht automatisch ein Problem. Im Gegenteil schafft er neue Argumente für unsere Kunden, den Bau von Photovoltaikanlagen in Erwägung zu ziehen.“ Wenn aber andererseits die Rahmenbedingungen für eine Investition in Erneuerbare Energien im Wochentakt verändert würden, Pläne aufkämen, in den Vertrauens- und Bestandsschutz einzugreifen, dann leide das Investitionsklima insgesamt erheblich. „Wir gehen davon aus, dass der Photovoltaikzubau in Deutschland in diesem und den nächsten Jahren stark leiden wird“, so die düstere Prognose Köhlers für die eh schon arg gebeutelte Branche.
Konkret betroffen von der Abwanderung des 1999 ursprünglich als Solarinitiative gegründeten Unternehmens sind am Standort Ulm 27, am Standort Sulzemoos 69 Mitarbeiter. „Ein Sozialplan ist ausgehandelt. Wir tun aber auch unser möglichstes, um jedem einzelnen Fall nach Kräften gerecht zu werden“, versichert Köhler.
Das aus Deutschland heraus betriebene Geschäft im Handels- und Projektbereich wird in seiner bisherigen Form also eingestellt. Fortgeführt wird – neben den Handels- und Projektaktivitäten der erwähnten internationalen Tochtergesellschaften der profitabel arbeitende Geschäftsbereich Betriebsführungs- und Wartungsdienstleistungen für Solarkraftwerke sowie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle im Projekt- und Handelsbereich, Finanzchef Köhler zum verbleibenden Deutschlandgeschäft und zu den Folgen für Kunden und Partner: „Hier wollen wir den Bereich Wartung & Service sogar weiter ausbauen. Es ist profitabel und bietet gute Chancen für Wachstum. Natürlich stehen wir zu unseren vertraglichen Verpflichtungen. Im Handelsgeschäft könne wir unseren Kunden durch die Zusammenarbeit mit Energiebau Solarstromsysteme aus Köln eine sehr professionelle Fortsetzung unserer bisherigen Geschäftsbeziehung bieten.“ Was die Existenz des Unternehmens im Ganzen betrifft, so ist die Konzernfinanzierung nach eigenen Angaben – durch eine Laufzeitverlängerung eines Kredits bis Ende März 2015 sichergestellt.
Finanzvorstand Köhler erläutert die neue Ausrichtung: „Obwohl wir es bedauern, uns hier in Deutschland von vielen guten Mitarbeitern trennen zu müssen, finden wir doch insbesondere in USA und Asien Rahmenbedingungen vor, die dem Geschäft förderlich sind.“ Die Töchter seien dort ebenso wie in Frankreich und Griechenland gut positioniert. Man sehe dort jetzt und perspektivisch gute Wachstumschancen und man arbeite intensiv auf die Rückkehr zu profitablem Wachstum hin. „Andreas Hänel hat seine Entscheidung im Rahmen der Verkleinerung des Geschäfts getroffen.“ Dieses verkleinerte Geschäft soll künftig also in erster Linie in Übersee stattfinden. Zur Wettbewerbssituation sagt Bernd Köhler: „Konkret sehen wir in unseren Geschäftsfeldern zurzeit keine ‚asiatische Übermacht’, selbst in Asien stehen wir im Wettbewerb mit Anbietern unterschiedlicher Provenienz und können uns dort sehr gut und zunehmend erfolgreicher behaupten.“ Die „Übermacht“ bestehe – wenn überhaupt – auf dem Gebiet der Solarmodule und habe durch den hohen Wettbewerbsdruck zu stark sinkenden Preisen für diese Module geführt. Davon profitiere man insbesondere als international agierender Projektierer. „Auch das Lohnniveau und die Sozialstandards spielen für uns als Kraftwerksbauer und Generalunternehmer höchstens eine untergeordnete Rolle“, so Köhler weiter.
Was Deutschland als lukrativen Markt anbelangt, so sieht der neue Phoenix Solar-Boss durchaus noch Möglichkeiten: „Wir arbeiten an der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, in allen internationalen Märkten, insbesondere aber auch in Deutschland. Wir sind davon überzeugt, dass es hier im Rahmen der Marktveränderungen der nächsten Jahre auch wieder gute Chancen für profitables Geschäft geben wird. Allerdings wird es eine Rückkehr zu dem Deutschlandgeschäft, wie wir es bisher hatten, kaum geben.“