Zentrale Ergebnisse der McKinsey-Studie (Bottom-up-Analysen): „Deutschland 2020. Zukunftsperspektiven für die deutsche Wirtschaft.“

· Ein nachhaltiges Wachstum in Deutschland erfordert die Bereitschaft und Fähigkeit zur Erneuerung. Die Weichen dafür müssen jetzt gestellt werden.

· Durch eine starke Stellung in den traditionellen Schlüsselbranchen und durch Spitzenpositionen in den wichtigen Zukunftsmärkten kann das mittlere Einkommen bis 2020 um mehr als 40 Prozent steigen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um die demografische Herausforderung zu meistern.

· Deutschland ist ein Gewinner der Globalisierung. Umweltschutz und Klimawandel, demografische Entwicklung und technologische Transformation sind globale Trends, die zugleich Chancen eröffnen.

· Eine zurückgehende Beschäftigung und die verpasste Erneuerung der wirtschaftlichen Strukturen haben die Entwicklung in Deutschland in den vergangenen beiden Jahrzehnten gebremst. Dieser Trend kann aber umgekehrt werden.

· Die Industrie wird ihre herausragende Rolle in Deutschland behaupten. Wichtig sind aber auch die signifikanten Wachstumspotenziale im Dienstleistungssektor und die Erneuerung der Infrastruktur.

· Unternehmensnahe, handwerkliche oder haushaltsnahe Dienstleistungen: Wird ein für Anbieter wie Nachfrager gleichermaßen attraktiver Rahmen geschaffen, können sie sich zu einem wichtigen Jobmotor der deutschen Wirtschaft entwickeln.

· Grundlegend verbesserte Rahmenbedingungen, eine neue Einstellung zum Unternehmertum sowie deutlich höhere Investitionen in Bildung und Infrastruktur schaffen die Voraussetzungen für eine dauerhafte Wachstumsdynamik.

· Mit modernen Instrumenten zur Unternehmensfinanzierung kann der Kapitalmarkt die wirtschaftliche Erneuerung beschleunigen und privaten Haushalten attraktivere Anlagemöglichkeiten, vor allem für das Alterssparen bieten.

· Die Universitäten müssen sich konsolidieren und klare Profile hervorbringen. Hierzu sind Rahmenbedingungen nötig, die Wettbewerb und Autonomie stärken.

· Rund 1 Million zusätzliche Akademiker werden bis 2020 benötigt. Gleichzeitig können regulative Hemmnisse die Chancen geringer qualifizierter Bürger verringern.

· Weltweit ist Deutschlands Infrastruktur bei Telekommunikation, Verkehr und Energie noch Spitze. Ohne massive Investitionen ist dieser Wettbewerbsvorteil in Gefahr.

· Deutschland steht am Anfang einer umfassenden Transformation, Chancen und Handlungsfelder sind skizziert. Nur mit einer breiten gesellschaftlichen Diskussion kann die notwendige Veränderung gelingen.

Weitere Infos: www.mckinsey.de

Anlaufmanagement:

„Produktionssysteme müssen Mitarbeiter in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen“

„Wenn wir ein neues Produkt statt in neun Monaten vielleicht in drei Monaten auf volle Produktionskapazität fahren, dann bedeutet das bares Geld für das Unternehmen.“ Dieses Zitat von Dr. Norbert Reithofer, heute Vorsitzender des Vorstands der BMW AG, aus dem Jahre 2002, verdeutlicht einmal mehr die Wichtigkeit des Themas ‚Anlaufmanagement’ und hat an Bedeutung bis heute nichts verloren – vor allem dem auf dem Hintergrund von einer gewissen Marktsättigung und einer zunehmend kompetenteren Konkurrenz industriell aufstrebender Nationen wie Indien und China. Und wie man an den Entwicklungen gerade der deutschen Automobilindustrie in der jüngeren Vergangenheit ablesen kann (kürzere Produktlebenszyklen, gestiegene Produktvielfalt), muss das systematische Management des Anlaufs von Serienprodukten eine Kernkompetenz von Unternehmen in den Industrienationen werden. Dabei sind alle drei ‚Dimensionen’ des Anlauf­managements – das Produkt, die Anlagen und die Leistungserstellung verbundenen Prozesse – zu berücksichtigen. Permanente Anlauf- und Änderungsprozesse sorgen jedoch für einen hohen Flexibilitätsdruck für den Produktentstehungsprozess, die Fertigung und die beteiligten Zulieferer.

Auch für Dipl.-Ing. Michael Homuth, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Maschinenbau, Lehrstuhl für Produktionssysteme, hat das „Thema eine sehr hohe Relevanz, denn Geschwindigkeit kann – neben Qualität – als Alleinstellungsmerkmal und Wettbewerbsvorteil gesehen werden. Trotz allen Bemühens Produkte zu kopieren, gelingt es aufstrebenden Marktteilnehmern wesentlich seltener, eine erfolgreiche Organisationsstruktur nachzubilden. Dies ist die Wettbewerbsdimension. In der Absatzdimension ist deutlich festzustellen, dass weder industrielle Abnehmer noch Privatkunden gewillt sind, längere Lieferzeiten zu akzeptieren. Wenn Qualität und Preis in etwa stimmen, dann kommt in aller Regel der am höchsten lieferfähige Anbieter zum Zug. Um ‚Lost Sales’ an nachziehende – und dann eventuell billigere – Marktteilnehmer zu vermeiden, ist ein erfolgreicher Serienanlauf von hoher Wichtigkeit.“

Doch es besteht hierzulande noch Nachholbedarf, dazu Dipl.-Wirt.-Ing. Stephan Keßler, Universität Dortmund, Fakultät Maschinenbau, Lehrstuhl für Fabrikorganisation: „Da auch aktuelle Studien – wie beispielsweise die Umfrage ‚Potenziale im Produktionsanlauf 2006’ (PISA2006) vom wbk Institut für Produktionstechnik, Universität Karlsruhe – belegen, dass die Zufriedenheit mit Anläufen in der Mehrzahl der Unternehmen nicht mit (sehr) gut beurteilt wird, muss es Handlungsbedarf geben. Im Rahmen unserer Forschungsaktivitäten wurden die Anlaufcharakteristika verschiedener Branchen betrachtet: Automobil-, Maschinen- und Anlagenbau sowie Elektronikindustrie. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Rahmenbedingungen sehr verschieden sind, und sich die Ansätze nicht ohne weiteres übertragen lassen.“

Es gibt auch Nachholbedarf in der Fokussierung auf die Kernprozesse der Produktion, und zwar nicht erst im Anlauf, sondern bereits weit im Vorfeld. Der Begriff des ‚Strategischen Anlaufmanagements’ ist in diesem Kontext sehr wichtig, dazu Dr. Josef Weinzierl, Mitglied des Managements AUDI AG: „Bereits im Produktentstehungsprozess ist ein großes Augenmerk auf die spätere Serienproduktion und deren Prozesse zu richten. Das Produkt muss schlanke, stabile und qualitativ hochwertige Serienprozesse ermöglichen und sicherstellen. Anlaufmanagement beginnt also bereits mit den ersten Phasen der Produktkonzeption.“

Dennoch lässt sich festhalten, dass einzelne Branchen wie etwa die Elektronikindustrie bereits heute sehr viel höheren Wiederholhäufigkeiten im Anlauf ausgesetzt sind und diese auch meistern. Bei aller Verschiedenheit werden sich Hersteller anderer Branchen – auch angesichts der Zunahme komplexer elektronischer Bauteile und der Integration komplexer mechatronischer Systeme in vielen anderen Produkten – mit den Erfolgsfaktoren und Vorreitern im Elektronikbereich auseinandersetzen müssen. Michael Homuth ergänzt: „Die Elektronikbranche ist sehr schnell. Ob das als Vorbild taugt, ist nicht einfach zu beantworten. Nachholbedarf haben alle Unternehmen, die im Geist und in der Führungsebene noch von den Siebzigerjahren geprägt sind, als Produkte in vielen Branchen mehr verteilt als verkauft wurden.“ Auch die Telekommunikationsbranche könnte als Vorbild dienen: viel kürzere Produktlebenszyklen, viel häufigere Anläufe, viel schneller auf Kammlinie. „Ein exzellentes, etabliertes Anlaufmanagement muss eine systemimmanente, integrative Betrachtung von Produkt und Prozess mit der konsequenten Fokussierung auf Qualität, Stabilität, Kosten und Termine zum Ziel haben. Alle betroffenen Abteilungen müssen dazu an einem Strang ziehen. Unterstützend wirkt dazu, alle Beteiligten bereits in der Produktentwicklung an Zielen der späteren Serienproduktion zu messen“, fasst Dr. Josef Weinzierl zusammen.

Das Produktionssystem ‚von morgen’ mit Fertigung, Montage und Logistik muss auf jeden Fall flexibel ausgelegt sein. Es muss fähig sein, verschiedene Modelle über eine Linie zu fahren, um saisonale und lebenszyklusbedingte Stückzahlschwankungen in der Produktion nivilieren zu können. Das Produktionssystem muss auf die konsequente Eliminierung jeglicher Verschwendung konzentriert sein und die wertschöpfenden Prozesse optimal kombinieren, austakten „und den Mitarbeiter in den Mittelpunkt der gesamten Betrachtung stellen. Seine Tätigkeit zu optimieren, muss die Zielrichtung des gesamten Produktionssystems sein, das nicht an den Abteilungsgrenzen der Produktion aufhören darf. Die gewerkübergreifende Optimierung muss im Mittelpunkt des Interesses aller stehen und somit eigentliche und essentielle Aufgabe des Produktionssystems sein“, plädiert Dr. Josef Weinzierl. Innerhalb dieses Thema kommt gerade den Tier1-, Tier2- und den Modullieferanten eine hohe Bedeutung zu, „eine nicht hoch genug zu würdigende“, wie Michael Homuth meint, Homuth weiter: „Es gibt per se keine unwichtigen Bauteile. Entweder man hat alles zur Produktion Nötige wie etwa Menge und Qualität oder nicht. Folglich gibt es keine unwichtigen Lieferanten. Höchstens welche, die im Ernstfall leicht zu substituieren wären, was heute praktisch selten der Fall ist, da meist Systemlieferanten gewollt sind, um die eigene Komplexität zu mindern. Da Supply Chains insgesamt aber immer mehr Teilnehmer haben – als logische Folge von leanen Unternehmen und Outsourcing – wird die Steuerung dieser Netzwerke zu einer komplexen Aufgabe. Kompetenz von Lieferanten ist es vielfach, einen bestimmten Beschaffungsmarkt im Griff zu haben und das ist auch meist nicht von neuen Netzwerkpartnern kurzfristig zu leisten.“ Die Lieferantenkette muss in den gesamten Optimierungsprozess mit eingebunden werden. Immerhin erbringt sie den überwiegenden Teil der Wertschöpfung am Fahrzeug und ist somit als zentraler Bestandteil des Produktionssystems zu betrachten. „Das Management der Lieferanten, die partnerschaftliche Einbeziehung in alle Prozesse des strategischen Anlaufmanagements nach der Philosophie ‚Von Anfang an richtig!’ ist somit eine weitere große Herausforderung, die erfolgsentscheidend sein wird“, erläutert Dr. Josef Weinzierl.

Das Alles erfordert optimierte Organisationsstrukturen mit kurzen Regelzyklen, um effektiv und effizient auf Probleme im Anlauf reagieren zu können. Analyse- und Problemlösekompetenz müssen dabei in einer Hand sein. Zudem muss die Anlauforganisation direkten Zugriff auf die notwendigen Abteilungen in den betroffenen Geschäftsbereichen haben – idealerweise im Rahmen einer flexiblen, effizient arbeitenden und hochdynamischen Projektorganisation. Doch ein gesicherter Entwicklungs- und Erprobungsprozess bei zunehmender Produktkomplexität – Mechatronik, zunehmende Softwareanteile und X-by-Wire-Technologien – und verteilten Entwicklungspartnern kann nur durch die konsequente Verfolgung der Produktreife vom Beginn der Konzeptentwicklungsphase bis in den Serienanlauf sichergestellt werden. Dies erfolgt über abgestimmte Reifegrad-Kriterien, die Notwendigkeiten und Schwerpunkte einzelner Bauteil-Familien darstellen können. AUDI-Manager Weinzierl ergänzt: „Die Kriterien sind nach einem Kunden-Lieferanten-Prinzip zwischen den Partnern abgestimmt. Wichtig ist, dass es für die Erfüllung jedes Kriteriums nur EINEN Verantwortlichen – Lieferanten – gibt, die Information über den Stand des Kriteriums selbst aber vielen Kunden zur Verfügung steht, die sie als Input für die weitere Projektarbeit verwenden. Diese Systematik kann und muss auch in die Lieferantenkette ausgerollt werden, um ein Fahrzeug in seiner Gesamtheit abdecken und monitoren zu können.“ Alle Notwendigkeiten neuer Technologien werden ebenfalls in konkrete, mess- und verfolgbare Kriterien formuliert und können so von Projektbeginn an konsequent gesteuert und überwacht werden. Damit wird eine hohe Produktreife zum Serienstart gewährleistet.

Dr. Josef Weinzierl fasst zusammen: „Für die Messung und Verfolgung der Produktreife ist ein Portal zu implementieren, auf das alle internen und externen Wertschöpfungspartner zugreifen können und das nutzerindividuell die Informationen bereitstellt, die notwendig sind, um die eigene Arbeit in der komplexen Projektwelt zu bewältigen bzw. die als Basis für eine fundierte Entscheidungsfindung im Produktentwicklungsprozess notwendig sind. Überdies ist es vor allem wichtig Prozesse zu implementieren die sicherstellen, dass notwendige Informationen schnell dort hin kommen, wo sie gebraucht werden, um sicherzustellen, dass keine Entscheidungen bzw. Werkzeugkonstruktionen oder gar der Aufbau von Fahrzeugen unwissentlich auf Basis obsoleter Daten und Projektstände geschieht und somit sehr viel Zeit und finanzielle Ressourcen verschwendet werden.“ Doch: Die Formulierung, Ausgestaltung, Implementierung und konsequente Umsetzung dieser Prozesse kann keine Software übernehmen, sondern muss von der Organisation geleistet werden. Software-Tools können solche Top-Prozesse nur unterstützen.

Projekte, Forschungsvorhaben und Arbeitskreise zum Thema Anlaufmanagement:

www.ruhr-uni-bochum.de/vp-elan: Effizientes Anlaufmanagement innerhalb KMU-basierter Kunden-Lieferanten-Netzwerke

www.fzk.de/ fzk: Anlaufmanagement im Netz

www.ramup.de: Anlaufmanagement – eine Wettbewerbsstrategie für Unternehmen mit Serienproduktion.

www.messpro-online.de: MESSPRO steht für ein Forschungsverbundprojekt, das auf die Umsetzung von sicheren und schnellen Produktionsanläufen abzielt

www.proactas.de: Proaktive Anlaufsteuerung von Produktionssystemen entlang der Wertschöpfungskette

www.hi-per.de: High Performance Ramp-up – Schnelle Serienanläufe und anlaufrobuste Produktionssysteme im Bereich Mikrosystemtechnik/Mechatronik

www.ramp-up-halbe.de: Das Ziel des Forschungsvorhabens Ramp-Up/2 ist die Erschließung von Rationalisierungs- und Optimierungspotenzialen in der Anlaufphase beim Anlagenhersteller ebenso wie beim Kunden.

Enterprise 2.0 (E2.0) – 10 Thesen

Die folgenden 10 Thesen sind das Resultat von Gesprächen mit Experten aus der Praxis und Dienstleistern rund um das Thema Enterprise 2.0. Es handelt sich hierbei sicherlich nur um eine Momentaufnahme, doch werden die in den Thesen beschriebenen Trends und Entwicklungen in den Kommunikationsprozessen zwischen und in den Unternehmen heute immer deutlicher. Aktuelle Studien wie etwa die AIIM Market IQ-Studie mit dem Titel „Enterprise 2.0: Agile, Emergent and Integrated“ kommen zu ähnlichen Schlußfolgerungen

  • E2.0 revolutioniert die Kommunikationsprozesse in und zwischen den Unternehmen und steigert dadurch die Leistungsfähigkeit und Produktivität in den Teams!

  • Mit E2.0 wird sich die Art und Weise, wie IT-Lösungen und –Dienste erworben und genutzt werden, radikal verändern! Beispiel: SaaS!

  • Mit der Etablierung von E2.0 ist der IT-Markt und die Entwicklung von Software fortan nicht mehr tool- und technologiegetrieben, sondern anwendergetrieben: der Anwender wirkt aktiv an der Entwicklung neuer IT-Lösungen mit! Beispiele und Analogien: SOA und Europcar!

  • Kommunikation im E2.0-Zeitalter kann vom Management – aufgrund von Wikis, Blogs u.a. – nicht mehr gesteuert und kontrolliert, sondern nur thematisch kanalisiert und so für eigene Zwecke genutzt werden!

  • Mit E2.0 wird die neu entstehende Informationsflut beherrschbar sein!

  • Durch E2.0 wird sich die Halbwertszeit von Wissen weiter drastisch verkürzen!

  • Unternehmen, die E2.0 künftig nicht ‚atmen und leben’, werden mittel- und langfristig im globalen Wettbewerb nicht bestehen!

  • E2.0 ist eine Strategieaufgabe und gehört immer in das Top-Management eines Unternehmens!

  • E2.0 ist DIE Strategieaufgabe des CEO eines Unternehmens, der CIO muss sie umsetzen!

  • E2.0 ist ein öffentlicher Raum, in dem die Grenzen zwischen privater und geschäftlicher Kommunikation mit dem Einverständnis aller Beteiligten verschwinden – wie Blogs und Wikis zeigen!

Interview mit Richard Barrington, Sun Microsystems, zu Green IT:

„Wir müssen jetzt aktiv werden!“

Veröffentlichung des Textes mit freundlicher Genehmigung von SAP INFO online

Heute ist die IT aufgrund ihres Energie- und Materialverbrauchs mitverantwortlich für den Klimawandel. Morgen kann „Green“ IT ein Baustein im Kampf gegen die Emission von Treibhausgasen und den Raubbau an Ressourcen sein. Richard Barrington, Head of Corporate Affairs und Public Policy bei Sun Microsystems in UK und Irland, hat sich zum Ziel gesetzt, diese Vision Realität werden zu lassen. Bei Sun Microsystems ist er für eine nachhaltige IT-Strategie in Großbritannien und Irland verantwortlich, zudem berät er die britische Regierung. Richard Barrington spricht in diesem Interview über den Kohlendioxid-Ausstoß der IT, ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft und seine persönlichen Erfahrungen mit dem Klimawandel.

Der Nobelpreis für Al Gore hat den Klimawandel auf der politischen Agenda ganz nach oben gerückt. Glauben Sie, dass die Auszeichnung dem Kampf gegen die globale Erwärmung nützt?

Barrington: Die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels werden nach heutigem Stand der Wissenschaft gewaltige Überschwemmungen oder Dürren sein; Hunderte Millionen Menschen müssten umsiedeln. Das würde fast zwangsläufig zu politischen Unruhen führen und birgt damit erhebliche Risiken für Frieden und Stabilität auf dem gesamten Globus. Die Anerkennung für Al Gore zeigt uns, dass diese Bedrohung ernst zu nehmen ist.

Welche Szenarien gibt es, mit der globalen Erwärmung umzugehen? Welche Maßnahmen sind nötig, welche Ziele möglich?

Barrington: Die Zunahme der Treibhausgase in der Atmosphäre verursacht einen Temperaturanstieg. Als Nichtwissenschaftler, der sich mit den voraussichtlichen Auswirkungen befasst, denke ich, dass wir uns einen Anstieg von mehr als zwei Grad nicht leisten können. Hierzu müsste nach derzeitigem Stand der Wissenschaft der CO2 -Gehalt bei 400 bis 450 ppm bis 2050 eingependelt werden. Deshalb brauchen wir eine aggressive Strategie, und zwar sofort. Wir brauchen Richtlinien, um die CO2-Stabilisierung nach den Vorgaben der Wissenschaft zu gestalten. Dabei sollten wir nicht darauf schielen, was sich die Volkswirtschaften eigentlich leisten können. Denn fest steht: Eine Erwärmung um vier bis sechs Grad bis 2050 können wir uns auf keinen Fall leisten. Also müssen wir aufwachen.

Und wann sollten wir anfangen?

Barrington: Das CO2 bleibt für Generationen in der Atmosphäre. Andere „Treibhausgase“ wiederum haben andere Lebenszyklen und andere Auswirkungen. Wegen des enormen Verbrauchs nicht erneuerbarer Energien sollten wir uns auf CO2 und Methan konzentrieren. Wir müssen jetzt aktiv werden. Je länger wir untätig warten, desto höhere Kosten und Risiken handeln wir uns ein, wenn wir mit den Folgen fertig werden wollen. Es ist unsere Pflicht, den Klimawandel heute zu begrenzen. Außerdem müssen wir uns für den Fall vorbereiten, dass wir das nicht in den Griff bekommen.

Spüren Sie in Großbritannien bereits den Klimawandel und seine Auswirkungen?

Barrington: Die allgemeinen Auswirkungen der globalen Erwärmung werden verschiedene Folgen für uns alle haben, insbesondere hinsichtlich eines immer extremeren Wetters. Großbritannien hat seit Jahren keine größeren Schneefälle oder strengen Kälteperioden mehr gehabt – das bedeutet zum Beispiel, dass Insekten, Zecken oder Viren nicht absterben. Und es scheint, als gebe es jeden Monat ein „seit Beginn der Wetteraufzeichnungen“ einmaliges Wetterereignis. Diese veränderten Wettermuster führen zu „monsunartigen Regenfällen“, denen unsere Infrastruktur nicht gewachsen ist.

Welche Rolle haben Sie als Berater der britischen Regierung, und inwieweit hört die Regierung auf den Rat Ihrer Arbeitsgruppe?

Barrington: Keine Regierung agiert im luftleeren Raum. In Großbritannien hat die Regierung sehr positiv auf Unternehmen reagiert, die Taten, Unterstützung und Rechtssicherheit fordern. Ich habe die Treffen der Corporate Leaders Group on Climate Change und der Climate Change Task Force der Confederation of British Industry genutzt, um mit Ministern zu besprechen, was zu tun ist. Noch vor einigen Jahren gab es ein großes Dilemma. Die Regierungen blieben in Wartestellung, weil sie keine Gegenreaktionen der Wirtschaft provozieren wollten. Den Unternehmen wiederum fehlte Rechtssicherheit im Hinblick auf gewaltige Investitionen. Das ist jetzt anders. So erklärt etwa eine Firma wie EDF Energy, dass sie die CO2 -Intensität ihrer Energielieferungen bis 2020 um 60 Prozent senken wird.

Welche Verantwortung hat die Regierung bei der Bekämpfung des Klimawandels, und was können oder müssen Unternehmen und Bürger tun?

Barrington: Wir müssen alle zusammenarbeiten. Regierungen müssen die langfristige Politik und die finanzpolitische Strategie festlegen, um sicherzustellen, dass CO2 einen Preis hat und mit Kosten verbunden ist. Langfristige Investitionsentscheidungen der Unternehmen werden folgen. Je nach Sichtweise werden CO2 -Emissionen dem Energielieferanten oder dem Verbraucher zugerechnet. Grob lässt sich aber sagen, dass rund 50 Prozent von den Privathaushalten verursacht werden, 35 Prozent von der Wirtschaft, und der Rest durch Regierungsentscheidungen. Ich kann also als Bürger, Mitarbeiter und Wähler handeln, um Veränderungen voranzutreiben. Anders ausgedrückt: Jeder Einzelne hat drei Möglichkeiten, seinen Beitrag zu leisten.

Kostet es Sie viel Mühe, Ihre Gesprächspartner von den Vorteilen der „Green IT“ zu überzeugen?

Barrington: Entscheidend bei „Green IT“ sind fundierte Entscheidungen für Neuanschaffungen. Diese Entscheidungen versetzen die IT in die Lage, durch Kosteneinsparungen zum Unternehmensergebnis beizutragen, oft auch in Bereichen, die nicht mit dem IT-Budget zusammenhängen, wie Energie, Immobilien oder Abfallentsorgung. Außerdem geht es bei meinen Gesprächen mit Kunden häufig darum, wie die IT die Unternehmensziele hinsichtlich sozialer Verantwortung und Umweltschutz unterstützen kann. Nur wenige erkennen nicht den Wert, Anlagen optimal zu nutzen, das Markenimage ihres Unternehmens zu verbessern oder ihre Mitarbeiter stärker an sich zu binden.

Können Sie den Anteil der IT am globalen CO2 -Ausstoß quantifizieren?

Barrington: Zahlen sind bisher nur begrenzt vorhanden. Laut der Daten, die wir von Gartner, IDC und anderen Marktforschern haben, verursacht der Energieverbrauch der IT eine Milliarde Tonnen CO2. Das entspricht etwa zwei bis vier Prozent der globalen CO2 -Emissionen, etwa so viel wie beim Luftverkehr.

In entwickelten Ländern, deren Wirtschaft auf Dienstleistungen und Wissen basiert, ist die IT für acht bis zehn Prozent der nationalen Emissionen verantwortlich. Das derzeitige Wachstum bei den IT-Investitionen deutet darauf hin, dass sich dieser Anteil bis 2020 verdoppeln wird. Das ist allerdings genau der Zeitpunkt, an dem wir die globalen Emissionen eigentlich um 20 Prozent verringert haben müssten, wenn wir sie bis 2050 um 50 Prozent senken wollen. In der Wirtschaft erkennen viele die versteckten Effekte der IT nicht. Schließlich muss die IT-Infrastruktur beheizt, belüftet oder klimatisiert werden, was zu CO2 -Emissionen führt.

Wie lässt sich die Energiebilanz der IT verbessern?

Barrington: Effektiv verursacht der Desktop 80 Prozent der ökologischen Folgen der IT. Wir müssen diese Geräte optimal nutzen und sie möglichst durch Ultrathin-Clients ersetzen. Wir müssen die Hardware wieder ins Rechenzentrum verlagern, wo alle Ressourcen wie Festplatten, Speicher und Prozessoren zu Shared Services im Netzwerk werden. Das bringt finanzielle und ökologische Vorteile und senkt den Energieverbrauch.

Wo hat die Computerherstellung Probleme in Punkto Nachhaltigkeit, und wie sind sie zu lösen?

Barrington: Die IT-Fertigung hat eine ausgedehnte Lieferkette mit vielen verschiedenen Lieferanten. Das Problem besteht also darin, Transparenz und höchste Umweltstandards in einem verteilten Netzwerk durchgehend zu etablieren. Pro Fertigungseinheit werden außerdem erhebliche Mengen an Rohstoffen, sauberem Wasser und Energie verbraucht. In der Branche hat man sich zusammengesetzt und den Electronic Industry Code of Conduct (EICC) entwickelt, der Arbeiterrechte, Unternehmensethik sowie Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsschutz abdeckt. Sun arbeitet mit seinen Lieferanten zusammen, um sicherzustellen, dass dieser Kodex eingehalten wird.

Am Anfang steht jedoch ein sinnvolles Geräte-Design. Für eine nachhaltige Zukunft müssen wir unseren Ressourcenverbrauch reduzieren und mehr Material wieder verwenden, als wir es heute tun. Das erfordert neue Technologien mit niedrigem CO<sub>2</sub>-Ausstoß. Außerdem muss der gesamte Lebenszyklus eines Geräts unter Umweltgesichtspunkten bewertet werden. Beispielsweise haben wir in unseren Gehäusen Kunststoff durch Metall ersetzt. Zum einen reduziert sich unser Verbrauch an Kohlenwasserstoffen, zum anderen erhöht sich der Wert der Einheiten bei der Rückgewinnung. Wir haben damit aufgehört, unsere Produkte im Sun-typischen Blau zu lackieren. Das hat unseren Materialverbrauch gesenkt und das Recycling vereinfacht.

Sie haben umweltfreundliche Produktion und Shared Services genannt. Welche weiteren Aspekte gehören für Sie zum Konzept „Green IT“?

Barrington: Die Art und Weise, wie wir Beschaffung, Verpackung, Betrieb und Entsorgung in der IT handhaben, kann der Umwelt unmittelbar zu Gute kommen. Aber wir sollten nicht die einfachen Dinge vergessen – etwa ungenutzte Geräte auszuschalten oder Papier beidseitig zu bedrucken. Ein System, das nicht geschäftskritisch ist, benötigt keine redundante Stromversorgung, um die Verfügbarkeit zu sichern. Unter Umweltgesichtspunkten ist häufig der gesunde Menschenverstand der beste Berater.

Ich glaube, dass die IT auch ein Treiber für eine nachhaltige Zukunft mit niedrigem CO2 -Ausstoß und geringen Auswirkungen auf die Umwelt werden kann. Dafür kommen viele Bereiche in Frage: intelligentes Gebäudedesign, Motoren-Überwachung und -Tuning in Echtzeit, Verkehrssteuerung und Telearbeit. Mit der IT schaffen wir intelligente Lieferketten oder ermöglichen neue Behandlungen in der Telemedizin. Wir stehen erst am Anfang dessen, was denkbar ist, wenn Echtzeit-Überwachung und -Optimierung überall möglich sind. Wir sollten IT als Technologie wahrnehmen, die durch Dienstleistungen Wert schafft, und nicht als Symbol für Ressourcenverbrauch und rasche Überalterung.

Die IT steht an einem Scheideweg. Wenn ich darüber nachdenke, was Computer möglich gemacht haben – etwa bei der Entschlüsselung des Erbguts –, bin ich stolz darauf, in dieser Branche zu arbeiten. Aber wir müssen jetzt zu einer nachhaltigeren IT gelangen. Gesetzgeber und Kunden weltweit werden nichts Anderes zulassen. Dank der IT können viele Menschen an den sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Vorteilen einer wissensbasierten Wirtschaft teilhaben. Das gibt mir Grund zum Optimismus.

Führender Maschinenbau-Standort in Europa:

Deutschland ist erneut Exportweltmeister

Nein, nicht Europameister und auch nicht Vize-Europameister, sondern erneut Weltmeister sind wir, und zwar Exportweltmeister im internationalen Maschinenhandel, der mit einem Wachstum von 11,7 Prozent nach 2007 ein weiteres Boomjahr am Standort Deutschland erlebte. Die Exporte deutscher Hersteller wuchsen um 10,6 Prozent. Der Welthandel hatte 2007 insgesamt ein Volumen von 719 Milliarden Euro (2006: 644 Mrd. Euro, 2005: 566 Mrd. Euro) und wuchs damit im vierten Jahr in Folge. Die deutschen Hersteller sind mit einem Welthandelsanteil von 18,9 Prozent (135,8 Milliarden Euro) damit wieder Exportweltmeister, gefolgt von den USA mit 11,8 Prozent (85 Milliarden Euro) und Japan mit 10,8 Prozent (78 Milliarden Euro). Auf Platz vier folgt Italien mit 9,2 Prozent (66 Milliarden Euro). Die chinesischen Maschinenbauer, die 2005 erstmals Frankreich und Großbritannien überholt hatten, bauten 2007 mit einer Wachstumsrate von 31,8 Prozent ihren Weltmarktanteil auf jetzt 7,2 Prozent (52 Milliarden Euro) aus und hielten damit Platz 5 der Weltrangliste.

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist aber auch im breiten Spektrum der vielfältigen Einzelsparten gut aufgestellt: Von 33 international vergleichbaren Fachzweigen der Branche hatten die deutschen Hersteller in 18 Fällen die Nase vorn. Sehr hohe Marktanteile erreichten beispielsweise die Hersteller von Reinigungssystemen mit 37,8 Prozent, die Druck- und Papiertechnik mit 33,5 Prozent oder die Zulieferspezialisten von ölhydraulischen und pneumatischen Komponenten aus der Fluidtechnik mit 31 Prozent.

Deutschland ist dabei mit einem Gesamtproduktionsanteil von 39 Prozent auch der führende Standort im EU-Maschinenbau (siehe auch Kasten), gefolgt von Italien (16 Prozent), Frankreich (11 Prozent) und Großbritannien (9 Prozent). Innerhalb der Europäischen Union zählt der Maschinenbau zu den größten Industriezweigen und ist – neben der Ernährungsindustrie – der bedeutendste industrielle Arbeitgeber. Gut ein Zehntel trägt er zur Wertschöpfung der gesamten EU-Industrie bei. „Am Standort EU sind im Maschinenbau rund 24.500 Unternehmen tätig, die insgesamt 2,6 Millionen Arbeitnehmer beschäftigen und im Jahr 2005 Maschinen und Anlagen im Wert von 420 Milliarden Euro produzierten”, erläutert Dr. Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des VDMA, die Situation im Maschinenbau in der EU.